Archive for the ‘Texte’ Category

STEIN34 WAR, IST UND WIRD SEIN

Sunday, January 29th, 2023

ALLE HÄUSER BLEIBEN

Große Demo gegen Entmietung und Vermieten überhaupt, kommt mit auf’n Spaziergang einmal durch Halle am Samstag, den 18.02.2023, Start 14 Uhr am Riebeckplatz 

Einige von euch werden es mit Sicherheit mitbekommen haben: Im letzten Jahr gab es einen Rechtsstreit zwischen den Bewohner*innen der WG und dem neuen Eigentümer der Großen Steinstraße 34 in Halle. Im Dezember ist die Stein34-WG nun ausgezogen. Ist das Haus jetzt also leer? Nein! Es gibt noch zwei Mietparteien, die ihre Wohnungen behalten wollen und die sich aktuell auf eine erneute Baustelle vorbereiten. Wir, die Gruppe Stein34bleibt!, zeigen uns solidarisch mit ihnen. Sie sind nicht allein.

Entmietung ist nicht nur ein Thema für die Menschen in der Stein34: Leider gibt es allein in Halle unzählige Häuser, die vor einem ähnlichen Problem stehen. Stein34bleibt! heißt deshalb auch Reil48 bleibt, Reideburgerstraße bleibt, Joliot-Curie-Platz bleibt und Südpark bleibt!

Bereits im letzten Jahr sind wir durch die Stadt gezogen, um auf steigende Mieten, Entmietung und schwindende Freiräume aufmerksam zu machen. Seitdem ist viel passiert und es scheint an der Zeit für eine aktuelle Bestandsaufnahme. Wenn Ihr Euch also fragt: Was macht Jonas Bien, Eigentümer der Stein34, eigentlich gerade? Sind die Herolds, Eigentümer der Breiten Str 28, noch im Business oder haben sie schon an Isihome verkauft? Oder für die Pragmatischeren: Wie kann es sein, dass neben den Mieten auch die Nebenkostenabrechnung stetig steigt? Hat die Belvona GmbH im Südpark endlich auf die Vorwürfe reagiert? Dann kommt zu unserem Stadtspaziergang.

Um diese und andere Fragen hörbar zu diskutieren, wollen wir am 18. Februar auf die Straße gehen. Kommt mit uns mit und seid laut!

Warum vermieten unfair ist

Mieten im Kapitalismus, das heißt für den eigenen Wohnraum bezahlen. Dabei ist es (quasi) egal, wie lange du schon in deiner Wohnung wohnst, wie viel du bezahlen kannst oder wie sehr du an der Wohnung hängst: Wenn der*die Eigentümer*in die Miete erhöhen will oder sogar Eigenbedarf anmeldet, musst du draufzahlen oder gehen. 

Das ist ganz und gar kein fairer Deal zwischen Gleichberechtigten: Die Vermieter*innen sitzen letztlich am längeren Hebel. Wenn saniert werden soll und Mieter*innen dem im Weg stehen, haben Eigentümer*innen zahlreiche Mittel an der Hand, sich den lästigen Bewohner*innen zu entledigen. Was sich oft anfühlt wie ein individuelles Problem (“Dann kann ich es mir halt nicht mehr leisten”; “Ich will nicht auf einer Baustelle wohnen, also ziehe ich halt aus”), hat System: Das ist Entmietung. (more…)

Offener Brief an den Mieterbund Halle e.V.

Thursday, December 8th, 2022

Wir veröffentlichen hier den Offenen Brief, den die Gruppe “Stein 34 bleibt” am 07.12.2022 an den Mieterbund Halle und an PressevertreterInnen geschickt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren des Mieterbunds Halle,

wir, die Gruppe “Stein 34 bleibt”, wenden uns mit einem Offenen Brief an Sie. Wir wollen mit diesem Brief sowohl Kritik formulieren, als auch zu einer Diskussion anregen und die Bereitschaft zum Dialog signalisieren. Wir wenden uns mit dem Brief gleichzeitig an die Mitglieder des Mieterbunds Halle und an eine interessierte Öffentlichkeit der Stadt Halle.

Stein34 bleibt!

Vor knapp einem Jahr begann die Auseinandersetzung um die Große Steinstraße 34 (kurz: „Stein34“), einen Altbau in der nördlichen Innenstadt von Halle. Anfang 2022 wechselte der Eigentümer des Hauses. Der neue Vermieter machte schnell klar, dass er sanieren wollte. Das halbe Haus stand da schon leer, die drei verbliebenen Mietparteien sollten ausziehen, doch sie wollten bleiben. Wir haben uns als Gruppe unter dem Motto „Stein34 bleibt“ zusammengefunden, um diese Mieter:innen in ihrem Kampf um ihr Zuhause zu unterstützen.

Mieterbund weist Kritik zurück, „Stein34“ Mieter:innen sind weiter dialogbereit

Alle Mietparteien der “Stein34” (bzw. Einzelpersonen aus den jeweiligen Wohnungen) sind langjährige Mitglieder im Mieterbund Halle e.V. Als der Konflikt mit dem neuen Vermieter begann, nahmen die Mieter:innen Beratungen in Anspruch. Die einzige Wohngemeinschaft im Haus ist vom Mieterbund jedoch unzureichend beraten und nicht auf elementare Klauseln hingewiesen worden, die Bedingungen für eine Übernahme von Kosten durch die an den Mieterbund angeschlossene „DMB Rechtsschutz-Versicherung AG“ sind.

Im Oktober haben wir das auf unserer Pressekonferenz kritisiert. Auf Nachfrage der Mitteldeutschen Zeitung hat der Mieterbund Halle alle unsere Kritikpunkte zurückgewiesen und stattdessen behauptet, die Hauptmieterin der WG habe „schlichtweg die Mitgliedschaftsbedingungen ignoriert“.

Wir wollen das nicht so stehen lassen. Das soll aber nicht der Beginn einer Schlammschlacht sein. Die (ehemaligen) Bewohner:innen der „Stein34“ wünschen sich weiterhin Dialog mit dem Mieterbund. Dieser Brief versucht für einen solchen einen Anfang zu machen. Zu diesem Zweck fassen wir nochmal zusammen, was in der Auseinandersetzung um die „Stein34“ passiert ist. (more…)

Statement über Mietkämpfe und Repression

Thursday, November 3rd, 2022

Wir dokumentieren hier ein weiteres Statement von unserer Pressekonferenz vom 20.10.2022, das dort von einem Mitglied der Initiative “Stein 34 bleibt” vorgetragen wurde. Die Pressekonferenz zum Nachhören findet sich hier.

Blaulicht am Steintor, oder: Wer ist hier eigentlich kriminell?

Eigentümer von Wohnraum haben einige Mittel in der Hand, um es Bewohner:innen schwer zu machen und ihnen klar zu machen, dass es besser wäre, sie würden sich eine neue Bleibe suchen. Dabei müssen sich die Eigentümer nicht immer an geltendes Recht halten. Unangekündigte Baumaßnahmen; formal unkorrekte Kündigungen, Rechnungen, Mahnungen; zwischenzeitlich Strom, Gas oder Wasser abstellen; Kellertüren aufbrechen oder Klingelschilder herausreißen; usw.. Der Entmietungsprozess in der Großen Steinstraße 34 hat gezeigt: Auch wenn man als Bewohner das Recht auf seiner Seite wähnt – es ist mit viel Aufwand und Kraft verbunden, sein Recht einzuklagen. In der Regel geht es nicht schnell, auch wenn es um dringendste Fragen geht – oft hängt es nur an Formalitäten, dass offensichtliche Rechtsverstöße nicht oder nicht richtig geahndet werden. Das Mittel der einstweiligen Verfügung erfordert einen zeitlichen Aufwand, den Lohnabhängige, Auszubildende oder Studierende nur schwer aufbringen können. Das Ordnungsamt oder das Bauamt sind bei zweifelhaften Maßnahmen des Eigentümers nur schwer zu erreichen und sind nur schwer für den Fall zu interessieren. Der Rechtsübertritt hat für den Eigentümer selten Konsequenzen. Selbst wenn Bewohner:innen rechtliche Erfolge erzielen, ist dies längst Teil der Kalkulation des Eigentümers und die nächsten Schikanen sind schon im Anmarsch.

Anders sieht es mit dem geltenden Recht bei Mieter:innen aus, die sich gegen Entmietungsprozesse wehren und sogar noch kämpferisch an die Öffentlichkeit gehen. Auch das hat der Fall der Großen Steinstraße 34 gezeigt. Bei den meisten Kundgebungen der Initiative und bei der großen Demonstration am 30.04. waren stets Mitarbeiter:innen des Staatsschutzes zugegen, verbargen sich kaum in ihrer Funktion und beobachteten das Geschehen. Der Umstand, dass sich Leute gegen einen Entmietungsprozess zur Wehr setzen und auf grundlegende Ungleichheiten im Mietverhältnis hinweisen – dieser Umstand allein wird offensichtlich als potentiell staatsgefährdend behandelt. (more…)

Statement vom Schiefen Haus

Tuesday, November 1st, 2022

Im Folgenden dokumentieren wir ein weiteres Statement von unserer Pressekonferenz vom 20.10.2022 zum Nachlesen. Die Initiative “Stein 34 bleibt” hat darauf hingewiesen, dass Mietkämpfe nicht je für sich allein stehen – sondern dass es einen lokalen Bezug gibt, in dem sich verschiedene Auseinandersetzungen aufeinander beziehen. Aus diesem Grund hat auf der Pressekonferenz auch ein ehemaliger Bewohner des “Schiefen Hauses” gesprochen.

Statement von Einzelpersonen aus dem Schiefen Haus

Die Auseinandersetzung um die Große Steinstraße 34 hat nicht in einem luftleeren Raum stattgefunden. Zuvor und parallel haben ähnliche Auseinandersetzungen in Halle stattgefunden. Die Gruppe „Stein 34 bleibt“ hat sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit immer wieder auch auf den Mietkonflikt um das „Schiefe Haus“ bezogen. Weil widerständiges Handeln darauf angewiesen ist, längerfristige Erfahrungen fruchtbar zu machen, soll an dieser Stelle auch noch einmal auf das „Schiefe Haus“ eingegangen werden.

Das „Schiefe Haus“ ist ein altes Fachwerkhaus in der nördlichen Innenstadt, das bis April dieses Jahres von etwa 8 Leuten bewohnt wurde. Es war allerdings mehr als eine Wohngemeinschaft: Es war Treffpunkt, Netzwerk-Knotenpunkt, Ort für Kultur und Subkultur, manchmal eine Art halb-öffentliche Kneipe. Aufgrund seiner zentralen Lage und seines eigentümlichen Zaubers sind hier unterschiedlichste Menschen zusammen gekommen, die sich ohne diesen Ort nicht begegnet wären.

Die ursprünglichen Eigentümer hatten eine Zwischennutzung ermöglicht – dafür hatten die BewohnerInnen bauliche Mängel zu akzeptieren. Das war die Bedingung für die eher unkonventionellen Wohnverhältnisse. Diese Bedingungen gerieten ins Wanken, als das Haus im Herbst 2018 verkauft wurde – neue Eigentümer wurden Wohnprojekte Herold. Den BewohnerInnen war klar, dass Veränderungen anstehen würden und auch, dass es gute Gründe für Sanierungsarbeiten gibt.

Anfangs sah es so aus, als ob Herolds daran interessiert wären, mit den aktuellen BewohnerInnen nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Spätestens im Frühjahr 2019 führte der Konflikt um eine kaputte Heizungsanlage zum Abbruch der Gespräche. Seit dem waren die BewohnerInnen mit typischen Entmietungsmaßnahmen konfrontiert: Verweigerung von dringend notwendigen Reparaturen, willkürliche Rechnungen und Abmahnungen, Wasser abstellen, keine Antworten auf Rückfragen in Mietangelegenheiten, usw. Kurze Zeit später folgte die Kündigung. Begründung: Eigenbedarf. Herolds Töchter würden in das Haus einziehen wollen. Die BewohnerInnen wussten, dass dies ein vorgeschobener Grund war, wie sich mittlerweile auch bestätigt hat: Seit April ist das Haus zugenagelt und steht leer. Weil die BewohnerInnen die Kündigung nicht akzeptiert haben, folgte ein Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht. Dieses Gerichtsverfahren war für das Schiefe Haus Anlass, in die Öffentlichkeit zu gehen und die Auseinandersetzung zu politisieren. Das Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht haben die BewohnerInnen gewonnen. Doch es ging in die nächste Runde, vors Landgericht. Hier haben die BewohnerInnen aufgegeben, sich auf eine Einigung eingelassen und sich gegen eine Abfindung rauskaufen lassen. Nach 3 Jahren Mietkampf war die Erschöpfung zu groß. Die BewohnerInnen des Schiefen Hauses haben eine ähnliche Erfahrung gemacht, wie jetzt die BewohnerInnen der Großen Steinstraße 34. (more…)

Statement der Stein34

Friday, October 28th, 2022

Das folgende Statement wurde am 20.10.2022 auf der Pressekonferenz der Initiative “Stein 34 bleibt” vorgetragen. Ein Audiomitschnitt der Pressekonferenz kann hier nachgehört werden.

Statement der Stein34 für die PK am 20.10.2022

0. Warum haben wir uns entschlossen den Mietkampf zu führen?

Als wir gehört haben, dass die Große Steinstraße 34 verkauft werden soll, war uns allen schnell klar, was das bedeutet: niemand kauft eine derartige Bruchbude ohne Sanierungspläne – und kein:e Vermieter:in saniert, ohne zumindest die Mieten zu erhöhen oder gleich die alten Mieter:innen loszuwerden. Damit war von Anfang an klar, dass es für uns mit dem neuen Eigentümer keine Zukunft in der Stein34 geben würde. Nachdem der alte Eigentümer unser Kaufangebot ausgeschlagen hatte, mussten wir in den Widerstand gegen den neuen gehen.
 
Denn die Stein34 war unser Zuhause, sie liegt uns – trotz oder vielleicht auch wegen ihres Zustands – allen am Herzen. Die deutlich gesteigerten Mieten, die der neue Eigentümer für die Zeit nach der Sanierung angekündigt hat, können und wollen wir uns nicht leisten. Die Entscheidung, nicht kampflos aufzugeben, hatte natürlich auch eine politische Komponente: Halle ist noch nicht Berlin, doch auch hier steigen seit Jahren die Mieten, werden Mieter:innen im Zuge von Sanierungen aus ihren Wohnungen geschmissen, werden arme und marginalisierte Menschen aus den Stadtzentren an die Peripherie verdrängt. Dem wollten wir etwas entgegensetzen. Wohnen ist ein Grundrecht, Wohnraum darf nicht der Profitmaximierung dienen.
 
Deshalb sind wir nicht einfach ausgezogen, als die fristlose Kündigung kam und deswegen haben wir uns gegen die unangekündigten Bauarbeiten im Haus rechtlich gewehrt. Wir wollten darum kämpfen, zu bleiben. 
 
Im Sommer haben wir den Kapmf allerdings aufgegeben. 
– Warum wir uns zum Auszug entschlossen haben: 

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Erklärung zum Auszug der Stein34-WG

Saturday, September 17th, 2022

Liebe Unterstützer:innen, liebe Freund:innen des Hauses, liebe Verbündete,

wir, das heißt die letzte verbliebene WG im Haus, haben uns im August entschieden aus der Stein34 auszuziehen. Diese Nachricht hat viele von euch wahrscheinlich einigermaßen überrascht. Auf Social Media haben wir die Gründe in aller Kürze bereits dargelegt. Gemeinsam mit unserer Unterstützer:innengruppe Stein34bleibt versuchen wir mit diesem Text eine ausführlichere Begründung für unsere Entscheidung darzulegen. Um alles erklären zu können, ist es irgendwie wichtig von vor anzufangen. Hier folgt

eine kurze Chronik der Ereignisse.

Noch bis 2021 hat die Stein34 einem Mann gehört, der in Halle ein pädagogisches Zirkusprojekt betreibt. Ihm gehören mehrere Wohnhäuser in der Stadt, als Vermieter ist er kein Unbekannter. Auch in unserem Fall trat er als Eigentümer selbst auch als Vermieter auf. Die Stein34 hat er 10 Jahre lang verfallen lassen, nur das allernötigste repariert und wo es ging die Mieten erhöht. Ab 2021 wohnten nur noch 4 Parteien im Haus, einer davon hatte dieser ehemalige Vermieter bereits gekündigt. 4 Wohnungen hat er über mehrere Jahre nicht neu vermietet und leer stehen lassen.

Im Frühjahr 2021 haben wir in der WG Wind davon bekommen, dass der damalige Eigentümer das Haus verkaufen wollte. Wir haben unsere Nachbar:innen angesprochen, wir haben uns alle im Haus vernetzt. Die drei Gewerbetreibenden im Haus, die andere WG, das alte Paar, die Alleinstehende und wir haben uns zusammengesetzt. Der Plan: wir wollten das Haus als Kollektiv kaufen. Wir haben uns Unterstützung vom Haus- und Wagenrat in Leipzig geholt und gerechnet, wie viel wir dem Eigentümer für das Haus bieten können. Die Mietpreise der drei alteingesessenen Parteien sollten so bleiben wie sie waren. Wir haben alles miteinbezogen, wir haben Mitstreiter:innen zusammengesucht und schließlich im Sommer 2021 ein Angebot über 1,3 und kurz darauf noch ein zweites über 1,5 Millionen € geschrieben. Der vorherige Vermieter hat diese Angebote abgelehnt. (more…)

Redebeitrag der Unterstützungsgruppe des Schiefen Hauses

Wednesday, June 8th, 2022

Wir dokumentieren hier den Redebeitrag über den Entmietungsprozess des Schiefen Hauses in der Breiten Straße 28, der auf der Demonstration am 30.04.2022 in Halle gehalten wurde. Der Redebeitrag wurde uns von der Unterstützungsgruppe des Schiefen Hauses zugeschickt.

Was das Schiefe Haus war

Wir stehen jetzt hier vor dem Schiefen Haus – einem Ort, der bis vor wenigen Tagen für viele Leute in Halle eine große Bedeutung gehabt hat. Inzwischen ist das Haus weitestgehend leergeräumt und am 05. April werden die aktuellen Hausbewohner*innen die Schlüssel an den Eigentümer aushändigen. Das Schiefe Haus ist Geschichte.

Das Schiefe Haus war vielleicht gerade deshalb ein besonderer Ort, weil es kein typisches Hausprojekt gewesen ist. Eher ein gäriger Haufen, eine verzweigte Konstellation, eine unwahrscheinliche Verbindung zwischen sehr unterschiedlichen Leuten. Es war nicht gleichbleibend in der Stadt wahrnehmbar, tauchte eher immer wieder mal auf, war Knotenpunkt für wechselnde und sich verändernde Freundeskreise. Das Schiefe Haus war vor allem ein Wohnhaus – Platz für eine Wohngemeinschaft von 5 bis 9 Leuten, die sich über drei Etagen verteilen konnten. Und daneben war es auch ein Ort für Konzerte, Partys, heftige Lesungen, Filmabende, Flohmärkte, Vorträge, Ateliers, Chorproben, Sauna-Abende, Mobile Radiosendungen, Umtrünke, Bandproben, Geburtstagsfeiern, Grillabende, gemeinsames Akt-Zeichnen usw. Besonders war das Haus auch aufgrund seiner Lage in der nördlichen Innenstadt – fast in der Mitte zwischen Reil78 und VL, mit einem Fußweg und einer kaum befahrenen Kreuzung, die immer wieder in Beschlag genommen werden konnte. (more…)

Vom CDU-Traum zum Hartz-4-Geschäftsmodell

Friday, June 3rd, 2022

Im Transit-Magazin ist ein Bericht von Hauke Heidenreich über den Vortrag von Dominik Intelmann erschienen, der am 24.05.2022 im Rahmen der Veranstaltungsreihe zur Wohnungsfrage in Halle stattgefunden hat. Wir spiegeln diesen Bericht und verweisen zusätzlich auf ein Interview mit Dominik Intelmann. Der Mitschnitt des Vortrags wird demnächst veröffentlicht.

Bericht über Dominik Intelmanns Vortrag zur Wohnungsfrage

Seit der Wiedervereinigung 1990 ist die Wohnungsfrage auch und gerade in Ostdeutschland eines der zentralen sozialpolitischen Probleme. Die Gentrifizierung ganzer Stadtteile, teilweise unterstützt durch städtische Politik, sorgt für knappen Wohnraum und steigende Mietpreise. Die Stein34 ist das aktuelle Beispiel dieser Entwicklung in Halle.

Intelmann rekurrierte, um dies zu untermauern, bereits zu Beginn seines Vortrages auf eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung von 2018, die auch in ostdeutschen Städten eine starke sozialräumliche Segregation diagnostiziert, in deren Folge es zu einer massiven sozialen Aufwertung der Innenstädte und gleichzeitig zu einer dramatischen sozialen Abwertung der Plattenbausiedlungen gekommen sei.

Eigentumsverhältnisse in der DDR

Wohnerfahrungen prägten in großem Umfang die politische Einstellung von Menschen, so die These Intelmanns. Die Wohnerfahrungen der Menschen im Osten seien nach wie vor v.a. durch die Erfahrung der Eigentumsverhältnisse in der DDR beeinflusst, die der Redner im ersten Teil seines Vortrages kurz skizzierte. (more…)

Redebeitrag der Initiative “H48 bleibt!”

Friday, May 27th, 2022

Wir dokumentieren hier einen weiteren Redebeitrag, der auf der Demonstration am 30.04.2022 in Halle gehalten wurde (siehe hier und hier). Die Initiative H48 bleibt setzt sich für den Erhalt der Hermannstraße 48 in Berlin-Neukölln ein.

Hallo und solidarische Grüße nach Halle

sendet die Hausgemeinschaft H48bleibt aus Berlin. Wir können heute nicht bei Euch sein, doch wir unterstützen Eure Forderungen und Euren Kampf um Euer Zuhause. Wir senden Euch diese Worte aus Solidarität und weil wir mit unserem Zuhause ähnliches erlebt haben wie ihr. Auch unser Gebäude wurde an eine Investor*in verkauft und auch wir haben uns dagegen gewehrt, weil unser Zuhause uns am Herzen liegt. Ein Großteil der 144 Mieter*innen der Hermannstraße 48 in Berlin Neukölln hat sich seit 2018 in einem Hausverein organisiert und eine GmbH gegründet, um das Haus gemeinschaftlich zu kaufen und gemeinwohlorientiert und langfristig selbstzuverwalten.

Einige Kämpfe auf dem Weg dort hin haben wir gewonnen, weil wir hartnäckig waren und als Hausgemeinschaft zusammenstanden. Einige haben wir aber auch verloren und aktuell ist unsere Zukunft sehr ungewiss. Das Haus wurde formal im Dezember 2020 an eine Investor*in verkauft und wird in den kommenden Wochen an die Sahr Immobilien GmbH gehen, da das Bundesverwaltungsgericht im November letzten Jahres das Vorkaufsrecht gekippt hat. (more…)

Redebeitrag der Initiative “Recht auf Stadt”

Wednesday, May 25th, 2022

Am 30.04.2022 haben sich in Halle etwa 200 Menschen einer Demonstration unter dem Motto “Vermieten verbieten – Wohnraum für alle” angeschlossen (siehe hier und hier). Wir dokumentieren hier den Redebeitrag, den die Hallische Initiative “Recht auf Stadt” auf der Demonstration gehalten hat.

Hallo,

wir sind Vertreter*innen von der Initiative Recht auf Stadt und wollen uns dafür bedanken, dass wir hier auf Einladung vor Euch reden dürfen. Wir haben uns wieder gegründet, weil es notwendig ist. Es gibt immer mehr Verdrängung, immer mehr Entmietung, immer mehr Unrecht und Machtmissbrauch durch Vermieter*innen.

Wir von Recht auf Stadt setzen uns dafür ein:

  • dass es dauerhaft und langfristig preiswerten Wohnraum gibt
  • und Freiräume erhalten und neu geschaffen werden.

Wir wollen dafür:

  • Informationen sammeln und bereit stellen
  • und uns mit anderen Gruppen vernetzen, die in Halle für Mieter*innenrechte kämpfen

Die Liste der Entmietungen ist lang und wird länger. Jüngstes Beispiel ist das schiefe Haus in der breiten Straße. Viele Fälle geschehen sicherlich auch im Hintergrund und sind nicht öffentlich bekannt. Das liegt daran, dass viele Leute auf sich allein gestellt sind. Sie wissen nicht an wen sie sich wenden sollen, wenn ihr Wohnung ihnen weggenommen wird. (more…)

Stein34 bleibt – Vermieten verbieten!

Saturday, May 21st, 2022

Wir dokumentieren den Text eines Flugblatts, das in Halle verteilt wurde und an verschiedenen Orten ausliegt.

Gentrifizierung, Entmietung, Verdrängung und Mietsteigerung sind mittlerweile auch in Halle angekommen. Immer mehr WG’s, Wohnprojekte, Kulturräume oder Ateliers im innenstadtnahen Bereich sind davon betroffen: Es gibt einen Eigentümer*innenwechsel, die Sanierungsankündigung folgt oder gleich die Kündigung. Die so sanierten Häuser werden dann teurer weiter vermietet. Unsanierter Altbau, der günstig zu haben ist, wird bald Geschichte sein – Halle wird ungemütlich.

Konkret von Entmietung betroffen ist derzeit bspw. das Haus in der Großen Steinstraße 34. Als das Haus zum Verkauf stand, wollten die Bewohner*innen es zunächst selber kaufen und legten dem alten Eigentümer ein Konzept vor. Der verkaufte aber lieber an den Höherbietenden. Der neue Eigentümer ließ nicht lange auf sich warten – sprach vage von Sanierungen und deutete an, die bestehenden Mietverhältnisse zu kündigen. Dann wollte er es auf die harte Tour wissen: Demontage der Klingelanlage, aufgebrochene Kellertüren, unangekündigte und ungesicherte Bauarbeiten, Sperrung des Innenhofs, zwischenzeitliches Abstellen von Wasser, fristlose Kündigungen, Kommunikationsverweigerung usw. Die Bewohner*innen der Stein34 haben sich entschieden, diese Vorgänge öffentlich zu machen und leisten Widerstand. (more…)

Redebeitrag der Initiative “Stein34 bleibt”

Tuesday, May 3rd, 2022

Wir dokumentieren hier den Redebeitrag, den die Initiative zur Kundgebung “Tag gegen die Arbeit” am 01. Mai 2022 in Halle begeisteuert hat. Der Text erschien ursprünglich am 03. Mai auf der Seite des Offenen Antifa Plenums Halle.

Als das OAP uns nach einem Redebeitrag für die heutige Kundgebung gefragt hat, waren wir uns erst nicht so sicher. Auf den ersten Blick schien uns der Zusammenhang von unserem Mietkampf weder mit dem klassischen Tag der Arbeit noch mit dem vom OAP ausgerufenen Tag gegen die Arbeit so ganz schlüssig. Sind das nicht zwei unterschiedliche Dinge, Arbeiten und Mieten? Auf den zweiten Blick ist es aber eigentlich gar nicht so schwer. Zunächst ganz platt: Arbeiter:innen sind meist Mieter:innen, Mieter:innen meist Arbeiter:innen. Die Menschen, die von der kapitalistischen Produktionsweise am wenigsten profitieren, haben auch auf dem Wohnungsmarkt die schlechtesten Karten.

Ein zweiter Punkt fiel uns ins Auge, als wir den Ankündigungstext vom OAP gelesen haben. Dort schreibt die Gruppe, dass „der materielle Wohlstand auf der Welt immer größer wird“, vom „technologischen Fortschritt und der Steigerung der Produktivität … allerdings immer weniger Menschen profitieren“. Wie kann man das auf den Wohnungsmarkt anwenden? (more…)