STEIN34 WAR, IST UND WIRD SEIN

ALLE HÄUSER BLEIBEN

Große Demo gegen Entmietung und Vermieten überhaupt, kommt mit auf’n Spaziergang einmal durch Halle am Samstag, den 18.02.2023, Start 14 Uhr am Riebeckplatz 

Einige von euch werden es mit Sicherheit mitbekommen haben: Im letzten Jahr gab es einen Rechtsstreit zwischen den Bewohner*innen der WG und dem neuen Eigentümer der Großen Steinstraße 34 in Halle. Im Dezember ist die Stein34-WG nun ausgezogen. Ist das Haus jetzt also leer? Nein! Es gibt noch zwei Mietparteien, die ihre Wohnungen behalten wollen und die sich aktuell auf eine erneute Baustelle vorbereiten. Wir, die Gruppe Stein34bleibt!, zeigen uns solidarisch mit ihnen. Sie sind nicht allein.

Entmietung ist nicht nur ein Thema für die Menschen in der Stein34: Leider gibt es allein in Halle unzählige Häuser, die vor einem ähnlichen Problem stehen. Stein34bleibt! heißt deshalb auch Reil48 bleibt, Reideburgerstraße bleibt, Joliot-Curie-Platz bleibt und Südpark bleibt!

Bereits im letzten Jahr sind wir durch die Stadt gezogen, um auf steigende Mieten, Entmietung und schwindende Freiräume aufmerksam zu machen. Seitdem ist viel passiert und es scheint an der Zeit für eine aktuelle Bestandsaufnahme. Wenn Ihr Euch also fragt: Was macht Jonas Bien, Eigentümer der Stein34, eigentlich gerade? Sind die Herolds, Eigentümer der Breiten Str 28, noch im Business oder haben sie schon an Isihome verkauft? Oder für die Pragmatischeren: Wie kann es sein, dass neben den Mieten auch die Nebenkostenabrechnung stetig steigt? Hat die Belvona GmbH im Südpark endlich auf die Vorwürfe reagiert? Dann kommt zu unserem Stadtspaziergang.

Um diese und andere Fragen hörbar zu diskutieren, wollen wir am 18. Februar auf die Straße gehen. Kommt mit uns mit und seid laut!

Warum vermieten unfair ist

Mieten im Kapitalismus, das heißt für den eigenen Wohnraum bezahlen. Dabei ist es (quasi) egal, wie lange du schon in deiner Wohnung wohnst, wie viel du bezahlen kannst oder wie sehr du an der Wohnung hängst: Wenn der*die Eigentümer*in die Miete erhöhen will oder sogar Eigenbedarf anmeldet, musst du draufzahlen oder gehen. 

Das ist ganz und gar kein fairer Deal zwischen Gleichberechtigten: Die Vermieter*innen sitzen letztlich am längeren Hebel. Wenn saniert werden soll und Mieter*innen dem im Weg stehen, haben Eigentümer*innen zahlreiche Mittel an der Hand, sich den lästigen Bewohner*innen zu entledigen. Was sich oft anfühlt wie ein individuelles Problem (“Dann kann ich es mir halt nicht mehr leisten”; “Ich will nicht auf einer Baustelle wohnen, also ziehe ich halt aus”), hat System: Das ist Entmietung.

Entmietung ist, wenn auf einmal Bauarbeiter*innen Schutt in deinen Hinterhof schmeißen. Entmietung ist, wenn die Klingel abmontiert wird und deshalb keine Post mehr ankommt.Entmietung ist, wenn Wasser und Strom willkürlich abgestellt werden und die Hausverwaltung leider gerade nicht erreichbar ist. Entmietung ist zermürbend.

Natürlich gibt es Mittel und Wege, sich (z.B. juristisch) als Mieter*in zur Wehr zu setzen. Doch in der Realität ist das meist nicht ganz so einfach: Wo man wie wohnt ist für die Meisten an erster Stelle keine aktive Entscheidung, sondern ein Grundbedürfnis, ohne das nichts läuft. Wird aus dem Zuhause ein Krisenherd, wird daraus schnell eine existenzielle Bedrohung. Sich gegen die eigene Verdrängung zu wehren braucht Zeit, Wissen, Nerven und Geld. 

Mal eben umziehen kann schon allein aus Kostengründen nicht für alle die Lösung sein. Außerdem ist Zuhause eben nicht nur irgendeine Wohnung, sondern das sind auch die etwas verschrobenen Nachbar*innen, die erinnerungsträchtigen Wände, der Späti um die Ecke, der vertraute Blick aus dem Fenster und die nervig klemmende Haustür. Liebgewonnenes verlassen zu müssen, ist alles andere als leicht.

Wie auch immer, zugrunde liegt der ganzen Sache das Mietsystem in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft. In dieser wird es immer einen Interessengegensatz geben zwischen denen, die vermieten und denen, die mieten. Die einen verdienen am Grundbedürfnis der anderen. Im Kapitalismus sind Häuser nicht einfach lebensnotwendige Dächer überm Kopf und bestenfalls ein Zuhause, sondern eben auch Quelle von Profit, Wertanlagen und Spekulationsobjekte. So wird Wohnraum zur Ware. Dazu gehört auch, dass sich im Kapitalismus die Kohle für Miete, Strom, Heizung, Wasser, Essen und alles erstmal “verdient” werden muss: dass man lohnarbeiten muss, um leben zu können. Dass diese Arbeit nicht unter selbstgewählten Bedingungen stattindet, oft an Nerven und Gesundheit zehrt und mit einem existenziellen Druck verbunden ist. Ob der Chef dich kündigt oder das Jobcenter die Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrags verzögert, all das ist mit der Frage verbunden: wie willst du dann deine Miete bezahlen?

Nicht verzagen, Banner tragen 

Was also tun, wenn selbst die Wand, die du pessimistisch anstarren könntest, zu teuer wird? Verzagen? Nein! 

Wie so oft hilft auch hier Solidarität. Es macht einen Unterschied, eine Kündigung alleine oder im Beisein von Freund*innen zu öffnen. Es hilft, wenn Menschen Geld sammeln für zusätzliche Nebenkosten; wenn es jemanden gibt, der*die unkompliziert (und schnell!) zu Mietfragen beraten kann und es hilft, dem Unmut gemeinsam Luft zu machen!

Denn es mangelt nicht an Alternativen: Gutes Wohnen für alle ist keine ganz neue Forderung und vor allem keine unerreichbare. Wohnen sollte ein Grundrecht sein, das ohne Profitmaximierung realisiert werden kann. Wie das funktionieren könnte, damit haben sich bereits zahlreiche schlaue Köpfe beschäftigt. Wir als Stein34bleibt! Gruppe haben im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe “Zur Wohnungsfrage” versucht, diesen Diskurs auch nach Halle zu bringen (wenn ihr euch dafür interessiert, schaut doch mal auf unserem Blog vorbei!).

Gleichzeitig haben wir als Gruppe Stein34bleibt festgestellt, dass Vernetzung und eine kontinuierliche Organisierung rund um die Mietfrage in unserer Stadt längst nicht in dem Maß vorhanden ist, wie es nötig wäre. Als Gruppe und Bekanntenkreis sind wir zu klein, um in dieser Stadt etwas im größeren Maßstab verändern zu können. Auch deshalb gehen wir an die Öffentlichkeit: Wir wollen unsere Erfahrungen und Erkenntnisse teilen, wollen eine Vernetzung voranbringen und brauchen das Wissen und die Unterstützung von anderen. Dafür muss das Problem benannt werden und wir müssen sichtbar werden.

In vielen Aspekten stehen wir noch am Anfang, aber wir wissen: Wohnraum darf keine Ware sein! Wir fordern warme, klimafreundliche Wohnungen mit Wasser und Strom und allem, was es braucht. Es braucht eine bedürfnisorientierte Ökonomie statt Profit- und Warenlogik. Wir wollen ein gutes Leben für Alle!

Kommt am 18.2.23 um 14 Uhr zum Riebeckplatz (Halle) zum Stadtrundgang gegen Entmietung und Vermieten überhaupt.

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