Archive for the ‘Presse’ Category

Über Entmietungsprozesse in Halle (LIZ)

Monday, October 24th, 2022

Wir dokumentieren hier einen Artikel von Luca von Ludwig, der am 23.10.2022 in der Leipziger Internetzeitung erschienen ist. Der Artikel nimmt Bezug auf unsere Pressekonferenz und wirft einen Blick auf die allgemeine Problemlage in Halle (Saale). Einen Audiomitschnitt unserer Pressekonferenz werden wir in den nächsten Tagen veröffentlichen.

Sanierung, Teuerung, Rausschmiss: Über Entmietungsprozesse in Leipzigs Nachbarstadt

Die Wohnungsfrage betrifft alle, Fragen der Mietverhältnisse immerhin die meisten. Rund 54 % der Wohnungen in Deutschland sind Mietobjekt – wenn man Stadt und Land zusammen betrachtet. Bezogen auf Großstädte wie Leipzig und Halle sind es im Schnitt sogar gut drei Viertel des Wohnbestandes.

Wer in der Stadt eine Bleibe sucht, ist also besonders der jeweiligen Marktlage ausgeliefert. Unsicherheiten betreffen dabei aber nicht nur die, die gerade auf der Suche nach einem neuen Zuhause sind. Auch schon bestehende Mietverhältnisse können innerhalb weniger Wochen plötzlich ungewiss werden. Ein Bericht aus Halle.

Was heißt hier Entmietung?

„Entmietung“ hat sich als Oberbegriff für verschiedene Prozesse etabliert, mit denen sich Mieterinnen und Mieter plötzlich konfrontiert sehen können. Ein häufiges Muster: Das (oftmals alte und daher relativ günstige) Gebäude wird an einen neuen Eigentümer verkauft, der sich aus seiner Investition selbstverständlich einen Profit erwartet. Dazu will er die Wohnungen renovieren. Die Bewohner wollen aber nicht ausziehen.

Und wenn sich dann einfach kein rechtssicherer Kündigungsgrund auftreiben lässt, wird zu anderen Maßnahmen gegriffen. Die Kommunikation mit den Mietern wird abgebrochen, Baumaßnahmen ohne Vorwarnung begonnen oder für dringend notwendige Reparaturen ist niemand mehr zu erreichen; kurz: ein „softer Rausschmiss“ der Hausbewohner durch mindestens rücksichtslose Eingriffe in den privaten Rückzugsraum. (more…)

Artikel über die Schließung des Bistro Lorraine

Wednesday, July 6th, 2022

Am 27. Juni musste der Betreiber des Bistro Lorraine in der Großen Steinstraße 34 seinen Schlüssel abgeben. Damit musste der letzte verbliebene Laden im Haus schließen. Die Schlüsselüergabe wurde von einer Kundgebung begleitet. Wir dokumentieren im Folgenden einen Artikel der Mitteldeutschen Zeitung.

Kündigung: Mit dem Bistro Lorraine schließt der letzte Laden in der Stein34 in Halle

Geräuschlos ging die Schlüsselübergabe nicht über die Bühne: Die Räumung des letzten Geschäfts im Erdgeschoss in der Großen Steinstraße 34 in Halle wurde von einer Demonstration begleitet. (Foto: Mitteldeutsche Zeitung)

Halle (Saale)/MZ – Der neue Hauseigentümer ist nicht gekommen. Eine Vertreterin übernimmt stattdessen an diesem Dienstagnachmittag die Schlüsselübergabe. Die Polizei ist auch da, außerdem knapp 50 Demonstranten, die sich zum Termin um 16 Uhr rund um die Eingangstür des Bistros Lorraine in der Großen Steinstraße 34 positioniert haben. Sie sind gekommen, um sich solidarisch mit den Mietern und den nunmehr ehemaligen Gewerbetreibenden in dem Gebäude zu zeigen. Oder wie es ein Demonstrant sagt: „Wir wollen hier ein bisschen wütend sein.“

Die Demonstranten hindern die Frau nicht, in die leeren Räumlichkeiten des Bistros zu gelangen, drücken aber lautstark ihren Protest aus. Aus den Boxen dringen dazu die Liedzeilen: „Das ist unser Haus. Ihr kriegt uns hier nicht raus.“ Die Übergabe läuft ansonsten ohne Zwischenfälle. Kurz nach Betreten kommt die Vertreterin schon wieder raus, schließt die Tür ab und geht.

Mieter gegen Vermieter: Streit um Haus “Stein 34” in Halle

Zu Ende des Monats hat der Hauseigentümer den drei Gewerbetreibenden im Erdgeschoss gekündigt. Ein Uhrmacher und ein Imbissbetreiber sind bereits ausgezogen. Eine Mieterin im Haus hatte derweil Erfolg mit ihrer Verfügungsklage. Im Mai entschied das Amtsgericht Halle, dass die Bauarbeiten im Haus vorerst gestoppt werden müssen, da sie nicht fristgerecht angekündigt wurden und es sich nach Auffassung der Richterin bereits um Modernisierungsarbeiten handelte.

Der Hauseigentümer und seine Anwältin hatten dagegen argumentiert, es handelte sich lediglich um eine Instandsetzung des Hauses. Die Mieterin wie auch die sie unterstützende Aktionsgruppe „Stein 34 bleibt“ werfen dem Hauseigentümer indes vor, er betreibe eine Entmietung und wolle die Mieter aus dem Haus drängen.

Große Steinstraße 34 in Halle: Wird das Haus gezielt entmietet?

Das Bistro Lorraine war Freitag letztmals geöffnet. Es hat vergangene Woche noch einmal viel Zulauf gegeben, so der Inhaber. Allerdings sei es ihm „nicht immer gelungen, die Fassade des freundlichen Gastronomen aufrecht zu erhalten“. Je näher das Ende rückte, umso realer wurde es. „Es ist traurig, zumal ich nichts falsch gemacht habe.“ Bei der Kündigung habe er kein Wort mitzureden gehabt. Und über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses habe der neue Hauseigentümer mit dem 36-Jährigen nie gesprochen. Ab August ist er als Koch angestellt. „Selbstständigkeit ist nicht mehr drin.“ Das Geld, das er in den vergangenen drei Jahren in sein Bistro gesteckt hat, habe er noch nicht wieder raus.

Am Schaufenster steht nun der zynische Satz: Freuen Sie sich auf Halle-typischen Leerstand.

Erneute Besetzung des „Schiefen Hauses“ (Bericht)

Tuesday, May 17th, 2022

Wir dokumentieren hier einen weiteren Bericht über die erneute Besetzung des Schiefen Hauses. Der Bericht von Luca von Ludwig ist ursprünglich am 17.05.2022 in der “Leipziger Internet Zeitung” erschienen.

Versuch Zwei: Erneute Besetzung des „Schiefen Hauses“ in Halle

Nur zwei Tage nach einer ersten Scheinbesetzung ist das „Schiefe Haus“ in Halle erneut durch Aktivistinnen und Aktivisten okkupiert worden. Diesmal verschanzten sich aber tatsächlich Personen im Gebäude, die auch dauerhaft bleiben wollten. Die Besetzung wurde in der Nacht auf Montag bekannt. Neben einigen Unterstützenden vor dem Haus war schnell auch ein größeres Aufgebot der Polizei vor Ort. Die Hausbesetzer wurden am Montagnachmittag durch Einsatzkräfte geräumt.

Die Kundgebung vor dem Gebäude selbst verlief die Nacht hindurch ohne nennenswerte Zwischenfälle; es beteiligten sich in der Spitze bis zu 70 Personen. Gegen Mitternacht fing allerdings der Reifen eines in der Nähe geparkten Einsatzfahrzeugs Feuer. Man darf wohl von versuchter Brandstiftung ausgehen, die Polizei ermittelt in dieser Richtung. Der Entstehungsbrand wurde gelöscht, bevor größerer Schaden entstand. (more…)

“Häuser dürfen nicht der Profitlogik unterliegen!” (Bericht)

Monday, May 16th, 2022

Nachdem sich die Besetzung der Breiten Straße 28 am 13.05.2022 als Scheinbesetzung herausgestellt hatte, wurde das Haus am späten Sonntag Abend erneut besetzt. Dieses mal schien es sich um eine richtige Besetzung zu handeln. Wir dokumentieren einen Bericht, der ursprünglich am 16.05.2022 bei “Du bist Halle” erschienen ist.

“Wohnen ist ein Grundrecht, Häuser dürfen nicht der Profitlogik unterliegen!” – so begründen die Hausbesetzer in der Breitestraße ihre Aktion – Gebäude ist erneut besetzt

Am späten Freitagabend ist zwischenzeitlich das sogenannte “Schiefe Haus” in der Breitestraße in Halle (Saale) besetzt worden. Es gab eine Kundgebung mit dutzenden Teilnehmern. Noch in der Nacht wurde die Besetzung wieder beendet. Doch am späten Sonntagabend gab es erneut eine Besetzung, die noch andauert.

Wie ein Polizeisprecher sagte, sei kurz vor 23 Uhr eine Eilversammlung vor Ort angemeldet worden, die derzeit noch andauert. In der Spitze hätten sich daran rund 50 Personen beteiligt. Zudem gehe man davon aus, dass sich vier Personen in dem Gebäude befinden. Derzeit ist die Polizei mit einigen Kräften vor Ort, die Zusammenkunft wird beobachtet, weitere Maßnahmen gibt es derzeit nicht. Weil aus der Versammlung heraus zu nächtlicher Stunde laute Musik und Redebeiträge abgespielt worden, sei es wegen der dadurch einhergehenden Lärmbelästigung zu Beschwerden der Anwohner gekommen. (more…)

“Noch nicht aufgegeben” (Bericht)

Sunday, May 15th, 2022

Wir dokumentieren hier einen Bericht über die Besetzung des Schiefen Hauses in der Breiten Straße. Der Bericht von Luca von Ludwig ist ursprünglich am 15.05.2022 in der “Leipziger Internet Zeitung” erschienen.

Noch nicht aufgegeben: „Schiefes Haus“ in Halle kurzzeitig besetzt

Totgeglaubte leben bekanntlich länger: Mehrere Aktivistinnen und Aktivisten besetzten am Freitag Abend das sogenannte „Schiefe Haus“ in der halleschen Innenstadt. Das Gebäude war viele Jahre von einer Projekt-WG bewohnt worden, bevor es vergangene Woche nach mehrjährigem Rechtsstreit verlassen werden musste. Ein Fall, der die steigenden Gentrifizierungsprobleme und bekannte Entmietungspraktiken in Leipzigs Nachbarstadt illustriert.

Auch über den Kreis seiner Bewohner hinweg war das Haus in der Breiten Straße wohlbekannt, wurden doch im ehemaligen Ladengeschäft im Erdgeschoss über die Jahre eine Vielzahl verschiedenster Veranstaltungen wie Lesungen, Konzerte und Ausstellungen organisiert. Die Besetzung Ende dieser Woche war jedoch nur von kurzer Dauer: Als die Polizei das Gebäude betrat, war bereits niemand mehr im Haus. (more…)

Haus in der Breiten Straße besetzt (Bericht)

Saturday, May 14th, 2022

Wir dokumentieren hier einen Bericht über die Hausbesetzung in der Breiten Straße am 13.05.2022. Der Bericht ist ursprünglich am 14.05.2022 bei “Du bist Halle” erschienen.

Haus in der Breiten Straße besetzt – Pyrotechnik gezündet – Hausbesetzer ziehen nach Versammlung wieder ab – keine Festnahmen

In der Breiten Straße in Halle (Saale) gab es am späten Freitagabend einen größeren Polizeieinsatz. Hier ist ein leerstehendes Haus besetzt worden.

Das Mietsystem sei ungerecht und scheiße, sagte ein Redner. Man wolle der Verdrängung in Halle etwas entgegensetzen. Wohnraum sei kein Renditeobjekt.Im Erdgeschoss des besetzten Gebäudes wolle eine selbstorganisierte Beratungsstelle für Mieter einrichten, die ebenfalls mit ihren Vermietern Probleme haben, hieß es.

Um das zwischenzeitlich besetzte Gebäude gibt es bereits seit langen Streit. Das sogenannte „Schiefe Haus“ war schon mehrfach Thema bei Gerichtsprozessen und Demonstrationen. Der neue Eigentümer hatte wegen Eigenbedarfs gekündigt. Zu Ende April ist das Mietverhältnis mit den letzten Mietern offiziell geendet.

Insgesamt haben sich eine hohe zweistellige Zahl an Personen an einer Eilversammlung beteiligt. Bislang noch unbekannte Täter verschafften sich zuvor unberechtigt Zutritt in ein Objekt in diesem Bereich. Dort sind zwei Fenster, in der oberen Etage, beschädigt, Pyrotechnik gezündet und zwei Transparente im Fensterbereich, sichtbar nach außen, angebracht worden. Während der Versammlung verschafften sich weitere Personen widerrechtlich Zutritt zum selben Objekt. Diese verließen das Gebäude nach polizeilicher Intervention. Gegen 00.30 Uhr war die Versammlung beendet. Das Objekt wurde dann später verschlossen. An der Hauseingangstür wurden Beschädigungen festgestellt. Die Transparente wurden sichergestellt. Ermittlungsverfahren sind eingeleitet worden. Zu vorläufigen Festnahmen kam es nicht.

Das Schiefe Haus wurde besetzt!

Friday, May 13th, 2022

Am Abend des 13.05.2022 erreichte uns die Nachricht, dass das Schiefe Haus in der Breiten Straße 28 besetzt wurde. Die BesetzerInnen thematisierten nicht nur den dortigen Entmietungsprozess, sondern bezogen sich auch auf die Auseinandersetzungen der Großen Steinstraße 34. Wir dokumentieren hier den Text der Besetzer*innen, der ursprünglich am 13.05.2022 bei Indymedia erschienen ist.

Die Breite Straße 28 in Halle ist nun besetzt!

In Halle (Saale) ist heute nacht ein Haus besetzt worden. Um die Breite Straße 28 ist in den letzten drei Jahren vor Gericht und auf der Straße gekämpft worden. Am Ende hat der neue Eigentümer “Wohnprojekte Herold” die Bewohner*innen rausschmeißen können. Damit ist auch ein wichtiger Freiraum für Kunst, Kultur und Politik verloren gegangen. Wir haben der Stadt diesen Raum heute nacht zurückgeholt. Die Breite Straße ist nicht das einzige Haus, das schon verloren oder noch bedroht ist. Wir fordern: Die Häuser, denen die darin wohnen.

Wir finden überhaupt: Wohnen ist ein Grundrecht, Häuser dürfen nicht der Profitlogik unterliegen!

Das “Schiefe Haus” ist nun besetzt!

Die Breite Straße 28, das sogenannte “Schiefe Haus”, wird seit 2008 von verschiedenen WGs bewohnt. Seitdem ist es nicht nur Wohnort, sondern auch ein Ort für Kulturveranstaltungen.

So wurden im Haus Lesungen, Konzerte und Kunstausstellungen realisiert, zudem galt das Wohnzimmer als ein offener Raum des Zusammenfindens. In der Breiten Straße 28 wurden Freund*innenschaften geknüpft und Pläne geschmiedet, hier entstand zum Beispiel die Idee für den Film “972 Breakdowns- auf dem Landweg nach New York”.

Seit dem 30. April 2022 ist das “schiefe Haus” mit allem was dazu gehört Geschichte. An diesem Tag endete offiziell der Mietvertrag, alle Bewohner*innen mussten raus. Schuld daran ist der neue Eigentümer, das Wohnungsunternehmen „Wohnprojekte Herold“. Das stellt sich auf seiner Homepage unter dem Motto „wohnen gut alles gut“ vor. Zum Eigentum des Unternehmens gehören etwa zehn Immobilien in Halle und Umgebung. (more…)

„Der eine besitzt das, was dem anderen ein Grundbedürfnis ist.“ (Transit)

Thursday, May 5th, 2022

Wir dokumentieren hier einen Bericht über die Demonstration, die am 30.04. unter dem Motto “Vermieten verbieten! Wohnraum für alle” in Halle stattgefunden hat. Der Bericht von Jessica Herrmann ist ursprünglich am 05.05.2022 bei “Transit – Debattenmagazin für Halle und Umgebung” erschienen.

Bericht über die Demonstration „Vermieten verbieten – Wohnraum für Alle“

Vergangenen Samstag, den 30.04.2022, fand eine Demonstration mit dem Titel „Vermieten verbieten – Wohnraum für Alle“ statt. Diese war als ein Stadtrundgang konzipiert und stoppte an verschiedenen von Verdrängung und Gentrifizierung betroffenen Orten. Auslöser der Demonstration war vor allem die von Entmietung und Verdrängung betroffene Stein34 , aber auch andere Häuser und Projekte, die sich in ähnlichen Situationen befanden bzw. befinden wurden erwähnt.

Wohnen im Kapitalismus?

In ihrem Aufruf schreiben die Organisator*innen, dass gegen „Mietsteigerung, Entmietung, eine verfehlte Abrisspolitik und Luxussanierungen in Halle und überall“ demonstriert werden würde. Mieter*innen und kulturell genutzte Orte seien „von der Willkür von Eigentümer*innen abhängig“. Gefordert wird neben einem Mietenstopp auch die „Rückführung von privatem in kommunales Wohneigentum und Mitbestimmung durch die Mieter*innen selbst“.

Auf der Veranstaltung waren etwa 200 Menschen anwesend. Der Demonstrationszug wurde von Anfang an durch ein relativ hohes Polizeiaufgebot begleitet. Start war 14 Uhr am August-Bebel-Platz. In der Eröffnungsrede wurde angeführt, dass das Mietsystem von Ungleichheit geprägt wäre. Ziel der Demonstration sei es daher, zum Nachdenken darüber anzuregen, was Wohnen im Kapitalismus bedeute. Wieso gehören die Wohnung nicht den Menschen, die darin wohnen, fragte eine*r der Redner*innen zu Beginn der Kundgebung Auch die Situation des Wohnungsmarktes in Halle wurde kritisiert. Gentrifizierung sowie Mieten würden steigen, wogegen Menschen und Projekte verdrängt werden würden. (more…)

Ein Altbau wird zum Streitobjekt (Bericht)

Friday, April 22nd, 2022

Wir dokumentieren einen Zeitungsartikel von Denny Kleindienst, der am 22.04.2022 im Halle-Lokalteil der Mitteldeutschen Zeitung erschienen ist. Außerdem kommentieren wir den artikel untenstehend.

Sanierung der “Stein34” wird zum Symbol für Verdrängung

Halle/MZ – Man sei “sehr besorgt” angesichts der Berichte über mutmaßlich unsachgemäße und gegen die Mieter und Mieterinnen gerichtete Maßnahmen in der Großen Steinstraße 34, erklärt der Stadtvorstand der Linkspartei in einer Mitteilung. “Gerade vor dem Hintergrund des Eigentümerwechsels und einiger veröffentlichter Kündigungsschreiben ist es nicht auszuschließen, dass es sich dabei um illegale Entmietungsmaßnahmen handelt.” Diese müssten umgehend eingestellt werden, der Eigentümer müsse für Aufklärung sorgen, fordert der Stadtvorstand.

Auch die MZ hatte darüber berichtet, dass das Haus seit diesem Jahr einen neuen Eigentümer hat. Bewohner klagen, dass Sanierungsarbeiten ohne Ankündigung durchgeführt werden, dass die Klingelanlage bereits abmontiert und Kellerabteile aufgebrochen wurden. Sie haben den Eindruck, aus dem Haus gedrängt zu werden, in dem sie gern weiter wohnen möchten. Den Ladeninhabern im Erdgeschoss ist innerhalb einer Vierteljahresfrist gekündigt worden. “Was mich wundert, ist, dass alles ohne persönlichen Kontakt passiert”, sagt der Inhaber des Uhrengeschäfts, das nach 25 Jahren umziehen muss und Mitte Juni in der Straße Neunhäuser 4 neueröffnet. “Ich habe mich umorientiert. Was soll ich machen?”, sagt der Uhrmachermeister. Ein Gastronom ist mit seinem Laden gleich nach nebenan gewechselt, als das Haus verkauft wurde und sich die Gelegenheit bot. Der Bistrobetreiber weiß derweil nicht, wie es weitergeht. Er sagt: “Ich sehe das als politisches Problem.” Die Steinstraße zeigt für ihn exemplarisch, wie in Städten Gewerbetreibende herausgedrängt werden. Seine eigenen Pläne würden nun einfach kaputt gemacht. (more…)

Mieter klagen über Zustand (Bericht)

Thursday, April 21st, 2022

Wir dokumentieren einen Zeitungsartikel von Denny Kleindienst, der am 20.04.2022 im Halle-Lokal-Teil der Mitteldeutschen Zeitung erschienen ist.

In der Großen Steinstraße 34 haben offenbar Sanierungsarbeiten begonnen. Die Bewohner haben indes den Eindruck, aus dem Haus gedrängt zu werden.

Halle/MZ – Die Aktionsgruppe mit dem bezeichnenden Namen @Stein34bleibt hat es sich zur Aufgabe gemacht, auf Instagram und Twitter die Entwicklungen im Haus Große Steinstraße 34 in Halle zu dokumentieren. Die Gruppe bezeichnet das Haus als “einen der letzten unsanierten Altbauten in der nördlichen Innenstadt”, warnt vor vielfach teureren Mieten, die mit einer Sanierung einher gehen, sowie dem drohenden Rausschmiss der verbleibenden Mieter.

Die MZ hat mit Bewohnern des Hauses gesprochen. Sie wollen namentlich nicht genannt werden, berichten aber, dass es seit Anfang des Jahres einen neuen Hauseigentümer gibt. Auf ihre Nachfragen hätten sie bisher keine Antwort bekommen. Stattdessen sei ohne eine Ankündigung mit der Sanierung begonnen worden. Die Bauarbeiten würden täglich von 8 bis 16 Uhr dauern. Es sei laut und staubig im Haus. Zuletzt sei das Wasser für eine Weile einfach abgestellt worden, ohne dass vorher bescheid gesagt wurde. “Es ist eine krasse Belastung”, erklärt eine Mieterin. Auch auf Nachfrage der MZ reagierte der Eigentümer nicht. (more…)

„Illegale Entmietung“? (Bericht)

Wednesday, April 20th, 2022

Wir dokumentieren einen Artikel von “Halle Spektrum”, der am 20.04.2022 erschienen ist.

Linke erklärt sich solidarisch mit den Mietern der Großen Steinstraße 34

Das Haus Großen Steinstraße 34 ist ein mehrstöckiges, bislang  unsaniertes Wohnhaus. Der bisherige Eigentüner hat es verfallen lassen, wie Radio Corax vor wenigen Tagen berichtete. Anfang des Jahres wurde es an einen neuen Eigentümer verkauft – vermutlich mit hohem Gewinn, denn auch in Halle steigen die Immobilienpreise in unermessliche Höhen. Der neue Eigentümer hat angekündigt, kernsanieren zu wollen. Die bisherigen Mieter sollen ausziehen, wogegen sie sich wehren.  Vor knapp zwei Wochen finden nun trotzdem Baumaßnahmmen in dem Haus statt – ohne Rücksicht auf die dort noch lebenden Bewohner, Lärm inklusive. Die Mieter haben sich nun zum Bündnis „Stein34 bleibt.“ zusammen geschlossen. Man findet sie auf Twitter unter und bei Instagram.

Der Stadtvorstand von DIE LINKE Halle hat sich mit den Bewohnern wie folgt solidarisch erklärt :

„Die Berichte über mutmaßlich unsachgemäße und gegen die Mieter:innen gerichtete Maßnahmen in der Großen Steinstraße 34 besorgen uns als LINKE sehr. Gerade vor dem Hintergrund des Eigentümerwechsels und einiger veröffentlichter Kündigungsschreiben ist es nicht auszuschließen, dass es sich dabei um illegale Entmietungsmaßnahmen handelt. Diese müssen umgehend eingestellt werden, der Eigentümer muss für Aufklärung sorgen. Darüber hinaus muss er das Gespräch mit allen Betroffenen und insbesondere mit der Initiative Stein34 suchen.

Allgemein gilt für uns, dass Mieter:innen nicht verdrängt werden dürfen. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum und lebendige Viertel, in denen auch Gewerbe bestehen können. Es ist nicht hinnehmbar, dass das Profitstreben Menschen die Wohnung und einem Viertel die Zukunft nimmt, was auch in Halle immer wieder droht. Deshalb braucht es einen Mietendeckel und mehr gemeinwohlorientierten Wohnraum. Es war ein schwerer Fehler, dass die hier thematisierte Immobilie überhaupt in privatwirtschaftliche Hände gelangt ist.“

Wohnen in Halle (Transit Magazin)

Friday, February 4th, 2022

Folgender Artikel von Lilli Neuhaus ist ursprünglich am 04.02.2022 bei “Transit – Debattenmagazin für Halle und Umgebung” erschienen.

Die Geschichte einer drohenden Entmietung

In Halle (Saale) sollen Mieter:innen eines Altbaus ausziehen, damit saniert werden kann. Der vorherige Hauseigentümer hat das Haus 10 Jahre lang verfallen lassen. Trotzdem konnte er es nun für einen Betrag in Millionenhöhe verkaufen, weil die Immobilienpreise in der Stadt seit Jahren steigen. Der Fall zeigt ganz konkret, was es bedeutet, dass Wohnraum zur Ware geworden ist.

Paula (Name von der Autorin geändert) fehlen am Telefon die Worte. „Ich bin mit der Birne durchn Wind“, sagt sie dann. Sie könne nicht mehr schlafen seit sie die Nachricht bekommen hat. Sie mag es nicht, wenn etwas unfair ist. Sie sagt: „Sowas is nich meins.“ „Na, weißt du“, erklärt sie am Telefon, „ich bin hier aufgewachsen, ich bin zwei Straßen weiter geboren, ich bin hier zur Schule gegangen, wir ham die Kaufhalle hier in der Nähe und den Arzt.“ Ihre Stimme klingt ungläubig, sie kann es nicht fassen. Fast ihr halbes Leben wohnt sie in diesem Haus, nun soll sie raus.

Das Haus ist groß und über 100 Jahre alt. Wie ein Schiff liegt es an der Kreuzung, man sieht es schon von Weitem. Die Fassade bröckelt, der Putz ist grau geworden und fleckig von Feuchtigkeit. Es ist einer der letzten unsanierten Altbauten in der nördlichen Innenstadt von Halle. Das soll sich nun ändern. Anfang des Jahres ist das Haus, in dem Paula wohnt, verkauft worden.

Der alte Eigentümer ist in Halle kein Unbekannter, ihm gehören noch weitere Mietshäuser in der Umgebung. Dieses Haus hat er vor über 10 Jahren von einer stadteigenen Wohnungsgenossenschaft erworben, für einen fünfstelligen Betrag, wie es heißt. Dann hat er wohl nur das Nötigste repariert und das Haus nun wieder verkauft, mutmaßlich für einen Betrag in Millionenhöhe. Mit dieser Entscheidung hat er nicht nur wahrscheinlich einen sehr großen Gewinn gemacht. Er hat auch verhindert, dass das Haus einem Kollektiv hätte gehören können.

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